An den Kauf dieses Fahrzeugs kann ich mich genau erinnern. Mein Vater mußte leider unseren schönen, aber durchgerosteten K70 dafür abgeben. Es wurde ein limagelber Audi 100 L5S,
knappe 2 Jahre alt (Bj. 79), noch mit den orangenen Blinkern, Opa-gepflegt
mit erst 16.000 km. 12.000,-- DM mußten damals dafür hingelegt werden. Der Vater eines Mitschülers besaß bereits ein Auto dieses Typs, allerdings nagelneu gekauft, mit weißen Blinkern und den größeren Rückleuchten und mit allerlei Extras (z.B. hintere Gurte und Kopfstützen). Unser Auto war in der L-Ausstattung eigentlich ziemlich spartanisch ausgestattet, da gab es statt eines vernünftigen Drehzahlmessers nur dieses ungenaue Econometer und als "Temperaturanzeige" nur eine grüne (bei Kaltlauf) und eine rote Kontrollleuchte (wenn sie leuchtet ist eh alles zu spät!). Im Innenraum fielen gleich diese riesigen Mengen von billig riechendem, klappernden Plastik auf.
Passend zum äußeren gelb war die Innenausstattung grün. Im Gegensatz zum K70 war der Audi 100 noch ein Stück geräumiger und leiser und besaß eine sattere Straßenlage trotz der damals üblichen 165 SR 14er Trennscheibenbereifung, die erst viel später schönen 185/70er Uniroyal-Rally auf Ronal-Alufelgen wichen.
Unvergleichlich der Sound des 5-Zylinder-Motors, der mit seinen 115 PS natürlich unseren 5-Meter-Wohnwagen noch besser über alle Steigungen zog. Die erste Reparatur
gab es bei KM 44.000, als die Kupplungshydraulik ausfiel. Nach einer
Urlaubsfahrt nach Jugoslawien im Jahr
1984 fing das Auto, bei ca. 60.000 km unheimlich stark blau zu qualmen, besonders, wenn man Gas wegnahm und dann wieder beschleunigte. Nach der Heimfahrt leuchtete dann plötzlich die Öllampe auf. Der hat Motor hat auf dieser Fahrt das komplette Öl durchgejagt (ca 5l!). In der Werkstatt wurden dann die völlig
ausgehärteten Ventilschaft-
dichtungen ausgetauscht, was den
späteren Ölverbrauch deutlich wieder
auf Normalniveau reduzierte. Zwischenzeitlich hatte ich auch meinen Führerschein erworben und war richtig stolz, dieses große Auto fahren zu dürfen. Während der Phase unseres Eigenheimbaus wurde der Audi hart rangenommen und mußte hängerweise Baumaterial
schleppen und den Umzug meistern.
Dabei wurde er fast nie auf langer Strecke bewegt, denn darum war es umso überraschender, als auf einer Autobahnfahrt (Tacho-Stand ca. 80.000 km) keine höheren Geschwindigkeiten mehr als 140 km/h
möglich waren und Gasgeben mit unwilligem Ruckeln oder gar Geschwindigkeitsabfall quittiert wurde. Ein ehemaliger Mitschüler von mir, der inzwischen Kfz.-Mechaniker gelernt hatte behob das Problem mit
Vergaserreinigung, Zündungseinstel-
lung, neuen Kerzen, sowie dem Ersatz
zweier Unterdruckschläuche am Vergaser. Fortan waren wieder lt. Tacho 200 km/h möglich (Werksangabe 179 km/h!). Langsam fing auch die braune Pest an, sich breit zu machen, besonders an den Türen. Diese kamen von einem Unfallwagen vom Schrottplatz, und hatten in passendem grün auch noch die viel hochwertigeren Verkleidungen der GL-Version, die nicht so ausge-
franst waren, wie bei unserem Auto.
Dann kam das Riesenloch im Kotflügel
vorne rechts zum Vorschein, welches
zum Austausch dieses Teils zwang. Ein
guter Kotflügel war auf dem Schrottplatz seinerzeit leicht zu finden. Da mangels Pflege und schonungslosem Einsatz das Auto ohnehin keine Schönheit mehr war, aber aufgrund des Hausbaus zu dieser Zeit auch keine Neuanschaffung zu leisten war, wurde eben nochmal Geld in eine neue Lackierung investiert und
man konnte sich endlich wieder auf der Straße sehen lassen! Zur selben Zeit bot mir ein Bekannter noch den bereits erwähnten Satz Ronal-Alufelgen (im Quattro-Design!) mit neuwertigen Reifen von seinem Winterfahrzeug an, das er mit Stahlfelgen und Winterreifen nun ver-
kaufen wollte. Damit stand unser Auto dann recht optisch ansprechend da. Ein Pioneer-Cassetten-Radio be-
scherte dann auch noch mehr Vergnügen auf längeren Strecken.
Irgendwann, so ca. bei 100.000 km wurde
das Auto vom Fahrverhalten her schwammig und die Vorderachse gab laute polternde Geräusche ab.
Mein bekannter ersetzte fluchend alle
möglichen Silentbuchsen des Fahrschemels und die Stoßdämpfer.
Kurz danach Startprobleme,schlechter Kaltlauf und Beschleunigungs-
probleme. Mit der Testlampe an der
Markierung des Schwungrades konnte man sehen, daß die Markierung hin und her sprang und das ein korrektes Einstellen der Zündung nicht mehr möglich war. Daher mit die teuerste Investition: Verteiler für 579,-- DM!
Bei 118.000 km leckende Wasserpumpe. Dabei auch gleich Zahnriemen getauscht. In den letzten
beiden Jahren, in denen das Auto in unserem Besitz war, zum Schluß 13 Jahre alt und der für das Alter eigent-
lich geringen Laufleistung von 134.000 km, im Jahr 1991,häuften sich jedoch mehr und mehr technische Probleme, angefangen vom Vergaser bis zum Getriebe, das anfing beim Schalten in den 2. Gang zu kratzen und auch sonst ziemlich geräuschvoll arbeitete, lauten Radlagern und wieder starkem Rostbefall am Unter-
boden. Zudem fielen jetzt noch einige
Teile der Innenausstattung ab und der
Dachhimmel hatte sich auch hinten an einer Stelle gelöst. In Folge eines immer stärker werdenden Umweltbewußtseins, mußte dann auch
ein Auto mit G-Kat angeschafft werden (Audi 100 2,3 E Bj. 1990 in
Vollausstattung mit erst 44.000 KM).
Der 5S ging immerhin noch für 850,-- DM weg an einen selbständigen Hand-
werker, der ihn zum Befahren seiner Baustellen einsetzen wollte und eben deshalb auch an der Anhängerkupp-
lung interessiert war. Immerhin war noch 1 Jahr TÜV vorhanden. Jetzt sind
diese Modelle eigentlich total ausgestorben und wenn es welche gibt, dann in fester Liebhaber-Hand.
Irgendwie hat es dieses Modell auch verdient, erhalten zu bleiben, was allerdings im Vergleich zu den Konkurrenten, wie Ford Granada,
Mercedes W123 oder 5er-BMW schwieriger ist, da die Qualität des Audi im Vergleich zu diesen Fahrzeugen schon eher den Wegwerffahrzeugen entspricht. Schade eigentlich!