Nachdem ich zuvor einige Jahre einen TVR 280 S1 fuhr, besitze ich seit 5 Jahren einen TVR Griffith 430 und würde ihn gegen kein anderes Auto der Welt eintauschen. Nicht mal gegen einen Griffith 500 !

Kurz vorab das Zubereitungsrezept: Man baue ein möglichst kleines, leichtes Auto und stecke dann den größten Rover Motor rein der zu haben ist. Notfalls bohre man diesen noch zusätzlich auf. Dann verzichte man auf jedwede Leistungsvernichter oder "Fahrhilfen" und - voila - der Griffith steht vor Ihnen.

Die Charakteristik des Autos fällt entsprechend aus. Es ist nicht das, was selbst der erfahrene Fahrer noch unter Auto versteht. Es ist ein bitterböses kleines Monster mit dem gigantischen Herzen eines US-V8-Dinosauriers. Denn der Vollalumotor stammt ursprünglich von Buick und wurde 1962 von Rover gekauft. Weit später erreichte er dann bei TVR als 500 mit maximal 340 BHP seine Leistungsspitze.

Gasgeben im ersten, Schalten, Bodenblech im zweiten und das Viech schreit auf wie Mama T-Rex, der man gerade ihr Baby geklaut hat. Nach ca. 4,9 sec sind dann 100 km/ erreicht. Und so geht es dann auch weiter. 250 km/h sind offiziell als Spitze angegeben. Wir haben es mal gegen einen Z4 3.0 getestet und der kam bei seiner Top-Speed von knapp über 250 km/h nicht mehr mit dem TVR mit. A wengerl was geht also immer noch.

Die will man mit dem Griffith 430 aber eigentlich gar nicht wirklich abverlangen. Das Fahrwerk ist bretthart und dämpft so gut wie nicht. Servolenkung und Lenkungsdämpfung - Fehlanzeige. Auf schlechten Autobahnen sollte man daher z.T. schon bei 160 km/h aufpassen, dass es einem das Lenkrad nicht aus der Hand schlägt. Aber auch auf guten Autobahnen erschnüffelt der Griffith 430 nach Art eines britischen Bluthundes absolut zielsicher jede noch so kleine Spurrille. Und darin geht er dann wie auf Schienen - die von einem Betrunkenen gelegt wurden. Den Griffith 430 sehr schnell über eine längere Strecke zu bewegen erfodert daher eine gewisse Gelassenheit am Volant und das Gottvertrauen, dass jeder schlechte Streckenabschnitt irgendwann auch einmal sein Ende hat.

Besonders beeindruckend ist die Art der Leistungsentfaltung. Wenn man das Viech mal richtig auf den Kopf tritt, dann endlich weiß man von wo der der sprichwörtliche Bartel seinen Most holt - nämlich von ganz unten aus dem Keller. 1993 watschte der Griffith 430 daher den 993er 911 Turbo in den Elastizitätswerten auch gnadenlos ab.

Kann sowas auch alltagstauglich sein ? Verwunderlicherweise ja. Die Kupplung verdient zwar das Prädikat "frauenfeindlich" aber Frauen fahren ohnehin lieber den S. 50 km/h erledigt man besser im 2ten denn im 3ten schiebt es schon zu sehr. Der Kofferraum nimmt bei geschlossenem Verdeck 2 Golfbags auf. Bei offenem Verdeck ebenso. Das Verdeckmittelteil aus GfK muss zuvor allerdings im Kofferraum versenkt werden, was sich beim ersten Mal ungefähr so anfühlt wie das Kamel durchs Nadelöhr zu zwängen. Aber es passt dann irgendwie doch rein.

Führt man keine Golfbags mit sich herum, so kann man mit dem Griffith aber auch für mehr als nur ein langes Wochenende verreisen. Allein das Mitnehmen von Skiern und Surfbrettern gestaltet sich leider unmöglich. Auch Anhängerkupplungen stehen dem Auto nicht wirklich gut zu Gesicht ;-)

Auf ein wenig wärmere Füße muß man sich allerdings auch einstellen - was den Damen wiederum gefallen dürfte. Der gewaltige Motor heizt die GfK-Karosserie früher oder später ordentlich auf und besonders die stylishen Edelstahlpedale von Leven-Technologies (alles von denen ist ein Must Have für Griffith Eigner) leiten diese Wärme irgendwann auch an die Fußsohlen des Fahrers weiter.

Auf Landstrassen ist das Auto mit Bedacht zu "geniessen". Einer Elise in der Kurve folgen zu wollen sollte nicht das unbedingte Ziel sein. Muß es aber auch nicht, denn auf jeder noch so kurzen Geraden hat man sie wieder eingefangen.
Nasse Strassen sollte man mit Vorsicht befahren. Denn selbst bei 140 km/h im 4ten ist ein kreiselndes Heck bei plötzlicher voller Kraft voraus schnell provoziert. Aber auch bei nassem Wetter kommt man auf der Autobahn noch recht schnell voran, da die Reifenmaße für heutige Verhältnisse noch überaus zivil sind. Original 205er vorne und 225er hinten. Jeder VW irgendwas TDI lebt da zumeist schon auf breiterem Fuße.

Das Innendesign des Griffith ist bis heute so genial wie einzigartig und erfreut des Eigners Auge jeden Tag aufs neue. Alles ist in bester Craftsmanship aus feinstem Leder gefertigt. Auch nach 15 Jahren quietscht oder klappert nichts. Die äussere Hülle ist in ihrer schlichten Eleganz bis heute nicht übertroffen worden und zählt meiner Meinung nach zu den größten Würfen im Automobildesign.

Verbunden mit der gewaltigen Power des urtümlichen Motors, dem heiseren V8-Bollern der laut aufschreienden Mama T-Rex und dem unvergleichlichen Beschleunigungserlebnis ist der TVR Griffith 430 "das Auto" schlechthin für ein wenig Wahnsinnige, denen eine AC Cobra zu unpraktisch ist, ein Porsche 911 zu zahm und Ferraris oder Lambos zu auffällig.

Gleiches gilt übrigens auch für Papa T-Rex, den TVR Griffith 500.