Seit 1992 fahre ich D-Kadett im Alltag. Zuerst eine 1,3S (75PS) Berlina-Limousine Baujahr 1980, später eine 1,2S (60PS) Luxus-Limousine mit originalem Stahlschiebedach. Die Wagen überzeugen durch ihr solides Konzept, großen Innen- und Kofferraum und insbesondere durch ihre Reparaturfreundlichkeit. Als Hobbyschrauber muß man die Werkstatt praktisch nie aufsuchen: Kupplungswechsel klappt bei eingebautem Getriebe, Kotflügel sind selbstverständlich geschraubt und Verschleißteile im Zubehörhandel relativ günstig. Die kantige Karosserie ist heutzutage fast schon wieder Auffällig - und wenn sie auch nicht wirklich schön ist, so ermöglichen die vielen Absätze und Ecken auch Teillackierungen.
Die 1,3S Ausführung ist technisch allerdings nicht ganz unproblematisch: Zum einen neigt die Nockenwelle zum einlaufen (nur dreifach gelagert) was zu einem Dieselmotor-ähnichen Nageln führt, zum anderen macht der Varajet-Zweistufen-Vergaser Ärger indem er irgendwo Nebenluft zieht und den Leerlauf beeinträchtigt. Mit einer Diagnose oder Reparatur sind aber auch viele Opel-Werkstätten überfordert. Sollte ein Leser mit diesem Vergaser Probleme haben, so kann ich nur den eigenmächtigen Komplettaustausch empfehlen oder behelfsweise, wenn der Wagen mal wieder partout nicht anspringen will: Luftfliterdeckel abschrauben und einen Schraubendreher einmal durch den Ansaugkanal schieben, so daß beide Klappen voll geöffnet sind. Das hat bei mir eigentlich immer geholfen.
Die 1,2S Ausführung ist robust, obwohl ich es auch geschafft habe einen totalen Motorschaden herbeizuführen: Vermutlich unzureichende Kühlung ließ ein Pleuel bei Vollgas auf der Autobahn seitlich durch die Motorwand aussteigen. Normalersweise macht der Motor keine Probleme. Zahnriemen gibt es nicht, somit braucht das Aggregat nicht geöffnet zu werden. Treibstoff sollte Super-plus sein, Bleiersatzadditive mische ich allerdings nicht zu (Ein Langzeittest in Oldtimer-Markt mit einem 1200er B-Kadett zeigte ebenfalls, daß Bleifrei gefahren werden kann). Ein wirklicher Schwachpunkt ist das Getriebe: Die Hauptwellenlager laufen irgendwann ein und der Wagen heult wie eine Straßenbahn (fährt aber noch einige tausend Kilometer problemlos). Ein Austauschgertriebe zum Beispiel aus dem A-Corsa ist jedoch auch nicht teuer - ein freundlicher Opel-Händler verlangte 150,-DM. Züdprobleme haben bei beiden Ausführungen oft ihre Ursache am Verteiler: Dieser sitzt vorn und wird bei feuchtem Wetter naß. Trockenlegen und Kontakte Reinigen hilft dann wieder auf die Sprünge. Naß wird es auch im Innenraum gern. Die Ursachen sind oftmals Durchrostung in den vorderen Radkasten, Rost unter dem Scheibenrahmen (Da hilft nur Ausbauen und Schweißen) oder das oben erwähnte Stahlschiebedach (von nachträglich eingebauten Sonnendächern ganz zu schweigen).
Trotz Frontantrieb habe ich Spaß daran mit einem D-Kadett zu fahren, denn verglichen mit modernen Autos vermittelt der Wagen ein intensives Fahrgefühl ohne neutralisierende Servolenkung und überflüssige elektronische Steuerungen. Gegenüber kleineren Modellen wie dem A-Corsa wirkt er vollwertiger auf mich - und
irgendwie hat die Form doch auch etwas...