Meinen Simca 1610 bzw. Chrysler 180 fand ich im Sommer 1984 eher zufällig bei einem alten Simca- Händler (Haensch in Hamburg Lokstedt). Zuvor hatte ich einen derartigen Wagen noch nie gesehen. Mein erster Eindruck: ein geschrumpfter Ami. Knallrot, weißes Venyldach, amerikanisches Design, schwarze Kunstledersitze und ebensolche Türverkleidungen, Armaturenbrett mit Holzfolie, Gesamteindruck irgendwo zwischen schräg und schrullig. Erste Rentnerhand, Baujahr 1978, 98000 Km, zwei Jahre TÜV, Preis 1550 DM, vom Vertragshändler, was soll man da verkehrt machen? Etwas verwundert war ich über die erkennbare Freude bzw. Erleichterung des Herrn Haensch ob meiner Kaufabsicht (der nicht gerade positive Ruf dieses Autos war mir damals nicht bekannt). Nun ja, in diesem Sommer zwischen Abitur und Studium ging es nach dem Kauf auf "große Fahrt": Zunächst von Hamburg nach Rom, dann weiter nach Südfrankreich und wieder zurück nach Hamburg. Ohne die geringste Auffälligkeit oder gar Panne, der Wagen lief wie ein Uhrwerk. In den nächsten beiden Jahren folgten die tägliche Fahrt zur Uni und einige Abstecher nach Hessen und Holland. Auch hier völlig störungsfrei, und dies bei Null Pflege: Wagenwäsche: überflüssig, in Hamburg regnet es ja ohnehin morgen wieder, Ölwechsel: macht der Wagen selbst (Ölverbrauch normale 1 Liter auf 1000 Km, nachgefüllt wurde Kaufhausöl), Wechsel von Luftfilter und Zündkerzen: Geldschneiderei der Werkstätten. Ja, Ja, so dachte ich damals. Nach zwei Jahren beim TÜV: erhebliche Rostmängel, Endschalldämpfer durchgerostet. Tja, was nun? Einerseits bisher ohne Störungen wunderbar gelaufen, andererseits die Kosten der Instandsetzung. Kurzum, ein Bekannter reparierte mir den Wagen für 650 DM einschließlich neuer Batterie und los ging es mit neuer Plakette an das Nordkap und zurück. Auch hier wieder lief der Wagen ohne die geringste Auffälligkeit wie das berühmte Schweizer Uhrwerk. Insbesondere der 1,8 Liter Motor hat mich immer wieder begeistert: Sehr durchzugsstark und kräftig (gefühlt mehr als 100 PS) mit einer sagenhaften Laufruhe. Immer wieder machten mich Beifahrer an der roten Ampel auf den vermeintlich abgestorbenen Motor aufmerksam, von dem im Leerlauf nichts zu hören und zu spüren war. Umso größer war regelmäßig die Überraschung als ich anschließend einfach den Gang einlegte und bei "Grün" davondüste. Es folgten 1,5 Jahre strapaziöser Hamburger Stadtverkehr und gelegentliche Fahrten nach Holland. Dann die erste ärgerliche Reparatur: das Scheibenwischergestänge war defekt. Die Peugeot- Niederlassung in Hamburg-Wandsbek rief unfassbare 1150 DM für ein Neuteil mit Scheibenwischermotor (welcher bei mir noch völlig intakt war) auf. Bei Matthies in Hamburg bekam ich das Gestänge solo für sympathische 29,90 DM. Der Ein- und Ausbau gelang selbst mir mit den vielzitierten zwei linken Händen. Aber jetzt wurde ich doch nachdenklich. Nach kurzer Zeit dann der nächst Defekt in Form eines undichten Kühlers (mit Dichtungsmitteln war hier nichts mehr auszurichten). Preis bei Peugeot: 600 DM, ein Kühlerdienst hat mir das Teil für die Hälfte in den Neuzustand versetzt. Aus- und Einbau gelang selbst mir,,,,,,,, etc.. Nun ja, ich musste allerdings einsehen, dass mein inzwischen heißgeliebter Simca das Lebensende erreicht hat: Der Rost blühte wirklich überall (Stehbleche, Federbeinauflagen, faustgroße Löcher in beiden vorderen Kotflügeln, Unterboden). Hier war mit vertretbarem Aufwand nichts mehr zu retten. Mechanisch war der Wagen allerdings noch völlig intakt: Bremsen, Fahrwerk, Elektrik, Lenkung, Getriebe und der sagenhafte Motor haben während der vier Jahre Haltedauer nicht den geringsten Anlass zur Klage oder gar Reparatur gegeben. Mein Fazit: Ein überaus komfortables, einfach zu fahrendes, bei Null Wartung und Pflege sehr zuverlässiges Auto mit Null Wertverlust (einen "Marktwert" hatte das Auto seit meinem Kauf eigentlich nie), das ich bis heute in mein Herz geschlossen habe. Epilog: Mitte- Ende der 1980er Jahre war ein Chrysler 2 Liter in Hamburg als Taxi unterwegs. Ein Erfahrungsbericht wäre hier mit Sicherheit sehr interessant. Den letzten Chrysler 180 sah ich 2016 in Havanna (Kuba): braunmetallic mit grün getönten Scheiben und schwarzem Venyldach in sehr gutem Pflegezustand und wie ehedem: schön schaurig- schrullig. Hach, was hätte ich für eine Mitfahrt gegeben!